Fardeen Noori berät seit sechs Jahren Migrant*innen in München. Er unterstützt sie bei der ersten Orientierung zum Leben in Deutschland sowie bei der Vermittlung in Deutschkursen und bei der Ausbildungssuche- oder Arbeitssuche. Wir geben zum 20. Jubiläum der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) Einblicke in seine Arbeit.
Wie sind Sie zur Migrationsberatung gekommen?
2019 habe ich angefangen in der Migrationsberatung des Kreisverbands München zu arbeiten. Davor war ich auch im Bereich Migration tätig und habe in Brandenburg als Sozialarbeiter in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete gearbeitet. Das war auch schon beim Roten Kreuz (lacht). Aus familiären Gründen wollte ich dann nach München.
Was umfasst das Angebot der Migrationsberatung?
Ich berate Migranten, das sind Geflüchtete, EU-Bürger, Fachkräfte oder Menschen, die Arbeit suchen. Unser Ziel ist es die Zugewanderten bei der Integration zu unterstützen, damit sie Herausforderungen oder Probleme selbständig bewältigen könnnen.
Vor welchen Herausforderungen stehen sie?
Wohnungslosigkeit, Arbeitssuche, Kitaplatz, Weitervermittlung an die Schwangerschaftsberatung – die Liste ist lang. Ganz oben steht auch die Vermittlung zu Integrationskursen. Auch bei unkomplizierten Fragen helfen wir weiter: Wo ist das Finanzamt? Wie stelle ich Anträge im Jobcenter?
Erzählen Sie uns eine Erfolgsgeschichte – gibt es die überhaupt?
Ja, es gibt zum Glück viele Beispiele dafür. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen. Für eine Person habe ich einen Ausbildungsplatz gefunden, nun arbeitet sie dort. Nach einigen Wochen rief sie mich an und bedankte sich bei mir – ein sehr schönes, wertschätzendes Gefühl. Besonders, weil man nach der Beratung nicht immer weiß, wie es für die Person weitergeht.
Ein anderes Beispiel hängt für mich stark mit Motivation zusammen. Ich konnte den Klienten von den Vorteilen der Arbeit in Deutschland überzeugen, er fing dann mit einem Minijob an und arbeitet jetzt in Vollzeit bei einem Frisör. Er hat es geschafft und ich habe ihn dabei unterstützt.
Was ist in der Beratung über die Jahre gleich oder ähnlich geblieben?
Manchmal ist es schwierig wegen der Sprachbarriere, das ist nach wie vor so. Aber da wir ein internationales Beratungszentrum sind, finden wir fast immer eine Lösung. In unserem Team sprechen wir viele Sprachen, zum Beispiel Ukrainisch, Arabisch, Englisch, Russisch.
Welche Sprachen sprechen Sie?
Ich spreche Englisch, Dari, Paschtu und Urdu – ich selbst stamme aus Afghanistan. . Dazu kommen verschiedene Dialekte und Hindi. Deutsch spreche ich natürlich auch und ein bisschen Arabisch und Französisch, da hilft mir dann Google manchmal (lacht).
Wie viele Mitarbeitende sind in der Beratung tätig?
In der Beratungsstelle in der Goethestraße in München sind wir zu zweit als MBE-Berater und insgesamt in München zu fünft. Ich betreue mehr als 350 Klienten, die immer wieder Unterstützung benötigen. Plus Kinder und Familie sind es sicher 800 Klienten, die ich unterstütze.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Beratungsarbeit?
Manchmal ist der Kontakt mit den Behörden schwierig und wir warten lange auf Antworten. Vor Corona war das einfacher. Damals konnten Klienten ohne Termine zu den Behörden kommen und Probleme selbst lösen. Jetzt brauchen sie vermehrt Unterstützung bei der Vereinbarung von Terminen. Hinzu kommt die Machtlosigkeit auf unserer Seite – wir können nur beraten, aber nicht genug helfen. Oft würden wir gerne mehr tun.
Das bundesgeförderte Programm ist Bestandteil des Integrationsangebotes des Bundes und bietet seit 2005 anerkannte Beratungsstellen für Zugewanderte an. Im BRK sind neben Fardeen Noori 22 weitere Migrationsberatungskräfte in 9 Kreisverbänden tätig. Seit 20 Jahren leisten sie wertvolle Arbeit für die Integration von Zugewanderten. In dieser Zeit ist die MBE gewachsen und hat sich hinsichtlich ihrer Aufgaben, Zielgruppen und Beratungsformen stetig weiterentwickelt.
Doch leider sind für die Träger die Förderbedingungen herausfordernd. Aus Sicht der Wohlfahrtsverbände ist zur Planungssicherheit eine längerfristige und gesicherte Finanzierung im Bundeshaushalt und ein Mittelansatz, der den Beratungsbedarfen entspricht, notwendig. Zudem sollten die Förderbedingungen verbessert werden – insbesondere die nicht ausreichend refinanzierbaren Personalkosten führen immer häufiger zum Ausstieg von Trägern und zum Wegfall von dringend benötigten Beratungsstrukturen.